Struktur einer Bachelorarbeit

Eine klare Struktur hilft Dir, Deine Arbeit insgesamt unter Kontrolle zu behalten. Du weißt, was Du gerade schreibst. Du weißt, was Du bereits geschrieben hast. Du bist nicht in einem Knäuel von losen Textschnipseln gefangen, idealerweise führt stattdessen jeder Absatz zwangsläufig zum nächsten. Schließlich hilft eine gute Struktur auch dem Leser, Deine Arbeit besser zu verstehen.

Welche Strukturelemente enthält eine Bachelorarbeit?

Hier eine Übersicht der Teile einer Bachelorarbeit mit der ungefähren Seitenzahl:

Die Teile im Einzelnen:

Titelseite

Die Titelseite enthält für gewöhnlich:

• Titel der Arbeit
• Dein Name
• Institution
• Name des Betreuers
• Datum
• Matrikelnummer

Bitte bringe die genauen Vorgaben der Hochschule selbst in Erfahrung, die können mehr oder weniger strikt sein.

Abstract

Der Abstract ist eine Zusammenfassung der Arbeit in 200-500 Wörtern, die auf eine Seite passen sollte. Da die Zusammenfassung manchmal von Bibliotheken o.ä. verwendet wird, sollte sie für sich alleine verständlich sein. Eventuell ist eine deutsche und englische Ausgabe des Abstracts erforderlich; das steht in Deiner Prüfungsordnung.

Vorwort

Im Vorwort kannst Du z.B. schreiben:

• wie Du auf das Thema gekommen bist
• wie Du Dein Thema in einem größeren Kontext siehst, aber keine wissenschaftliche Begründung liefern kannst
• was Du schon immer einmal sagen wolltest

Danksagungen

Dies ist einer der wichtigsten Teile der Arbeit. Danksagungen sind fester Bestandteil des Respekts für andere Wissenschaftler. Du kannst grundsätzlich alle Personen aufzählen, die etwas zu Deiner Arbeit beigetragen haben. Oft finden sich hier Mentoren, Kollegen, Freunde, Verwandte und sogar Haustiere.

Je nach Platz kannst Du die Beiträge der einzelnen Personen mehr oder weniger ausführlich erwähnen. Typisch wäre z.B. "Ich danke Prof. Dr. Birnbaum für den Einblick in seine Käfersammlung".

Als Faustregel gilt: lieber drei Personen zu viel danken als einer zu wenig.

Inhaltsverzeichnis

Für eine Bachelorarbeit von 30-60 Seiten sollte für das Inhaltsverzeichnis eine Seite genügen. Ist der Text entsprechend vormatiert, läßt sich das Inhaltsverzeichnis automatisch erstellen. Bitte mache von dieser Möglichkeit Gebrauch, es spart sehr viel Arbeit.

Einleitung

Die Einleitung gibt dem Leser das nötige Hintergrundwissen zum Verständnis Deiner Arbeit und führt an die Forschungsfragen heran. Dazu ist es vor allem nötig, einen Überblick über die aktuelle Literatur zu geben. Dadurch demonstrierst Du auch, daß Du Dich mit der Materie eingängig beschäftigt hast.

Eine Abschlußarbeit ist jedoch kein Lehrbuch; Du mußt nicht sämtliche verfügbare Literatur zitieren und auch nicht alle Grundlagen wie in einem Buchkapitel aufführen. Es gilt einen guten Mix an etablierten wissenschaftlichen Arbeiten und neuesten Erkenntnissen zu finden.Allerdings haben Betreuer hier unterschiedliche Vorlieben. Manch einer bevorzugt, daß Du beim Schreiben schnell zum eigentlichen Thema kommst, ein anderer betrachtet einen Abschnitt über Grundlagen als Teil der Prüfungsleistung. Was für ein Inhalt und Schreibstil von Dir hier erwartet wird, solltest Du in Erfahrung bringen.

Eine bewährte Strategie ist, zu Beginn das grobe Thema zu definieren und dessen Bedeutung zu erläutern. Anschließend solltest Du das Teilthema hervorheben, mit dem sich Deine Arbeit befaßt.

Ein Beispiel:

Eier stellen für große Teile der Weltbevölkerung eine der wichtigsten Proteinquellen dar. Vor allem Hühnereier spielen darin mit 97% eine wesentliche Rolle (Landmann, 1998). Zur Zubereitung von Hühnereiern gibt es unterschiedliche Möglichkeiten (siehe Übersicht in Abb.1). Genauer untersucht wurden Spiegeleier (Sanders, 2003), Omelette (Bürger und McChickin, 2007) und Mayonnaise (Hahn, 2013). Zu gekochten Eiern gibt es hingegen keine ausführiche Untersuchung. Sie findet lediglich als Nebenaspekt in einer Studie über die Zubereitung von Eiersalat Erwähnung (Körner, Nestling & Gluck, 2011). Daher widmet sich diese Arbeit dem gekochten Ei. Dabei sind folgende vier Aspekte von Bedeutung...

Am Ende des Einleitungsteils sollte eine klare Forschungsfrage (These/Hypothese) stehen. Die Forschungsfrage kann mehrere Teilfragen enthalten. Es ist eine gute Idee, diesem Abschnitt eine eigene Überschrift zu geben, so daß der Leser sie leicht wiederfinden kann.

Material und Methoden

Der Material- und Methodenteil sollte es dem Leser ermöglichen, die geleistete Arbeit zu reproduzieren und idealerweise zum gleichen Ergebnis zu gelangen. Dazu sollte der Material- und Methodenteil folgende Dinge abdecken:

• Was für Personen wurden befragt? Wie viele? Wie fand die Auswahl statt?
• Welche Datensätze wurden verwendet? Woher kamen die? Wie viele waren es? Wo kann man die finden?
• Was für Reagentien wurden verwendet? Wo wurden die gekauft oder wie hergestellt?
• Wie wurde währen der Studie genau vorgegangen (Kochrezept)?
• Gab es Methoden, Richtlinien oder Prozeduren, die in der Literatur beschrieben sind (mit Zitat!)?
• Bei der Verwendung von Software bitte die Version mit angeben.

Für die Verständlichkeit ist es hilfreich, die jeweiligen Entscheidungen für die eine oder andere Methode kurz zu begründen (besonders groß, neu, umfangreich, gepflegt, zuverlässig, erprobt, dokumentiert, kostengünstig, verfügbar usw.). So kann der Leser Euren Denkvorgang besser nachvollziehen.

Ergebnisse

Im Wesentlichen dient der Ergebnisteil dazu, Deine Beobachtungen, also die Fakten zu präsentieren. Hier sind vor allem stichhaltige Abbildungen nötig, die dem Leser einen Überblick verschaffen. Der Text darf stellenweise die Fakten aufzählen, zum Beispiel:

Insgesamt wurden im Verlauf der Studie 87 Hühnereier gekocht. Abbildung 1 zeigt Verteilung der Kochzeit als Histogramm. Die Kochzeit betrug im Durchschnitt 5 Minuten 20 Sekunden mit einer Standardabweichung von 1.2. Die kürzeste Kochzeit betrug 31 Sekunden, die längste 9 Minuten 43 Sekunden. Drei Eier platzten im Verlauf des Versuchs und wurden nicht gewertet. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse des Geschmackstests ...

Der Ergebnisteil darf die Auswertung der Ergebnisse (z.B. Statistik) enthalten, die Interpretation derselben gehört aber in den Diskussionsteil.

Diskussion

Für viele Gutachter steht und fällt die Qualität einer wissenschaftlichen Arbeit mit der Diskussion. Eine guter Diskussionsteil schließt den Kreis zu den in der Einleitung gestellten Forschungsfragen, setzt die Ergebnisse in den Kontext und hinterfragt sie kritisch.

Einige Punkte, die in eine gelungene Diskussion gehören sind:

• Wie lautet die Antwort auf die am Anfang gestellten Forschungsfragen? Liefere einige Kernaussagen oder Zahlen.
• Wie ordnet sich diese Antwort in die vorhandene Literatur ein (gab es noch nicht, liefert mehr Details, stimmt überein, wird bestätigt, steht im Kontrast zu, steht im Gegensatz zu). Die entsprechenden Literaturreferenzen sind auf jeden Fall zu zitieren.
• Was sind die Stärken der Studie?
• Worauf oder wofür läßt sie sich anwenden, was erklärt sie?
• Welches sind die Schwächen der Studie?
• Wofür sind die Ergebnisse nicht zu gebrauchen, was erklären sie nicht?
• Was könnte man noch machen, um die Studie zu verbessern, zu verfeinern, oder Gegensätze aufzulösen.

Eine aussagekräftige Diskussion muß nicht lang sein. Für eine Bachelorarbeit genügen 1-2 Seiten völlig.

Schlußfolgerungen

Am Ende der Diskussion oder als eigener Teil unmittelbar danach kannst Du die wesentlichen Aussagen in einem Absatz zusammenfassen. Die Kernaussagen dürfen hier noch einmal knapp wiederholt werden. Ein schöner Schlußsatz rundet die Arbeit ab.

Literatur

Im Literaturteil sollte jede im Text zitierte Arbeit aufgeführt werden. Hierzu gibt das Prüfungsbüro u.U. Vorgaben, wie die Zitate formatiert sein sollen, welche Arten von Publikationen zulässig sind. Bei Verweisen auf Webseiten ist ein Datum anzugeben, z.B. *"letzter Zugriff am 10.7.2015". In jedem Fall kann man sich im Literaturteil mit einem Referenzmanager sehr viel Arbeit ersparen, denn das Editieren eines Literaturverzeichnisses von Hand ist kein Zuckerschlecken.

Glossar

Je nach Vorgabe Deines Betreuuers ist dieser Teil optional. Sinnvoll ist es, im Glossar Begriffe zu erklären, die häufig vorkommen und evtl. erklärungsbedürftig sind. Insbesondere Abkürzungen lohnen eine Sammlung am Ende der Arbeit.

Abbildungsverzeichnis

Kann von der Prüfungsordnung verlangt sein oder auch nicht. Auf jeden Fall solltest Du das Abbildungsverzeichnis automatisch generieren.

Tabellenverzeichnis

Es gilt das gleiche wie für das Abbildungsverzeichnis.

Anhang

Der Anhang dient zwei Dingen:

• der guten wissenschaftlichen Praxis Rechnung zu tragen. Zum Beispiel nötige, aber langweilige Hintergrundfakten (z.B. Datensätze) explizit aufzuführen.
• lange Textpassagen aus dem Hauptteil auszulagern, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Je nach Thema und Datenlage kann die Länge des Anhangs sehr variieren. Zwischen 0 und 100 Seiten ist schon alles vorgekommen.

Lebenslauf

Nach Vorgabe der Prüfungsordnung.

Eigenständigkeitserklärung

Nach Vorgabe der Prüfungsordnung, in der gedruckten Version von Hand zu unterschreiben.

In welcher Reihenfolge sollte ich schreiben?

1. Struktur

Beginne mit einem leeren Dokument und lege eine Grundstruktur fest. Schreibe alle Überschriften und setze einige Zwischenüberschriften ein. Das gibt Dir ein solides Grundgerüst und Du startest mit einem Erfolgserlebnis.

2. Abbildungen und Tabellen

Erstelle die Abbildungen und Tabellen bevor Du den Text schreibst. Nach dem Einfügen aller Abbildungen und Tabellen bringt das Dokument schon eine gewisse Größe auf die Waage. Das fühlt sich gut an.

Kristian: "Ich habe noch zwei Tage vor der Abgabe an den Abbildungen herumgebastelt. Das war keine gute Idee, irgendwie hat das viel Chaos verursacht und die sehen nicht besonders gut aus."

Lena: "Es war leichter für mich, mit einem Dokument von 41 Seiten mit dem Schreiben anzufangen als mit nur einer. Die Abbildungen gaben der Struktur außerdem einen Sinn."

3. Der Text im Hauptteil

Die Ergebnisse enthalten die Essenz einer wissenschaftlichen Arbeit, deshalb ist es sinnvoll damit anzufangen. Gleichzeitig sind sie leichter zu schreiben, weil man sich auf die Fakten stützen kann und diese nacheinander beschreiben. Oft ist der Ergebnisteil der längste, so daß man danach das Schlimmste überstanden hat.

Unser ehemaliger Gruppenleiter und Mentor Janusz empfiehlt folgende Reihenfolge beim Schreiben:

1. Ergebnisse
2. Einführung
3. Diskussion
4. Material & Methoden
5. Anhang

4. Der Kleinkram am Ende

Um folgende Dinge kannst Du Dich getrost am Ende kümmern:

• Abstract / Zusammenfassung
• Vorwort
• Glossar
• Eigenständigkeitserklärung
• Danksagungen

Das Abstract steht deshalb am Ende, weil es sich tatsächlich bis zum Schluß ändern kann. Die anderen Teile stehen hier, weil sie für den Rest nicht wichtig sind. Sie eignen sich auch als Lückenfüller falls Du eine kreative Atempause brauchst.

Wenn das Strukturieren schwierig ist

Manchmal kommt es vor (normalerweise bei Doktorarbeiten), daß Du nicht nur ein Thema hast, sondern 3,5. Das ist zwar nicht ideal, aber akzeptiere es trotzdem. Hauptsache, Du zählst alle Deine Forschungsziele am Anfang der Arbeit sauber auf. Gehe Kompromisse ein, wo es nötig ist. Baue Brücken wo es sinnvoll ist, wenn nicht, lass es sein. Hauptsache Du schreibst weiter.